Bei komplexen Lernzielen wurde die Rigidität von Modellen des multimedialen Lernens oft bemängelt. Eine Antwort darauf stellt die Anchored Instruction dar, die als wesentliches Merkmal einen narrativen Anker hat und als Brücke zum motivierenden Projektunterricht geschaffen wurde.
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Die
Anchored Instruction ist ein pädagogisch-psychologischer Ansatz der
am Learning Technonology Center (LTC) in Vanderbilt, von der
Forschergruppe um Bransford und der Cognition and Technology Group at
Vanderbilt (CTGV), entwickelt wurde.
Es
handelt sich dabei um multimediale Lernumgebungen, bei welchen
mittels Videogeschichten, die an speziellen „Ankerproblemen“
aufgehängt sind, kontext- und alltagsbezogene „Lernerlebnisse“
stattfinden sollen, damit, unter Einbeziehung von Vorwissen und
Alltagsdenken, fallbezogene Prblemlösungen erarbeitet werden und
somit problemorientiertes Lernen gefördert wird. Das zentrale
Merkmal ist ein narrativer Anker, der Interesse wecken soll und die
Aufmerksamkeit auf Wahrnemung und Verständnis der Problemstellung
lenken soll. Die dargestellten Probleme sind dabei komplexe
Situationen, eingebunden in einen alltäglichen Kontext, die
unterschiedliche Fachbereiche betreffen können.
Ausgangspunkt
für die Forschung war die Kritik am passiven und dekontexualisierten
Unterrricht und der mait verbundenen Produktion von „trägem Wissen
(vgl. Bransford et al. in Vosniadou & Ortony 1989: S. 470 –
497), welches schon recht früh beschrieben wurde (vgl.
Whitehead 1929).
Der
Aufbau der Geschichten folgt dabei folgenden Gestaltungsprinzipien
(vgl. Niegemann 2001: S. 46f.):
- Verwendung audiovisueller Medien
- narrative Struktur
- Lösen komplexer, interdisziplinärer Probleme
- Einbettung aller relevanten Informationen (zur Problemlösung) in die Geschichten
- sinnvolle Komplexität
- zur Förderung des Abstrahierens, verschiedene Geschichten zur selben Thematik
- Verknüpfen verschiedener Wissensgebiete
Das
Modell wurde entwickelt und präzisiert zu einem Modell für die
Entwicklung flexibel adaptiver Lernumgebungen (Schwartz et al. in
Reigeluth 1999: S.183-213). Als Ziel gilt tiefes Verständnis für
die jeweiligen Fachdisziplinen, bei gleichzeitiger
Problemlösefähigkeit, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zu
fördern. Die Zielerreichung wird angestrebt durch problembasiertes
Lernen, gefolgt von offenem projektbasierten Lernen.
Im
einzelnen liegen der Konzeption folgende Zielvorstellungen zugrunde
(vgl. Niegemann 2001: S. 47f.):
- Unterstützung von Lernenden und Lehrenden beim Verständnis des Wesentlichen
- Individuelle Anpassung der Lehrmaßnahmen an das vorhandene Vorwissen der Lerneneden
- Vermittlung unterschiedlicher Sicht- und Herangehensweisen in Bezug auf die Lehrinhalte
- Verwendung von Methoden, die einerseits mit lern- und instruktionspsychologischen Prinzipien übereinstimmen, andererseits hinreichend flexibel sind (Zuschnittmöglichkeit auf verschiedene Gegebenheiten)
- Erhöhung der Fähigkeit bei den Lernenden, scheinbare oder tatsächliche Widersprüche, wie das Nebeneiander unterschiedlicher Theorien, zu ertragen (Ambiguitätstoleranz)
- Aufhängen neuer Lerneinheiten an subjektiv sinnvollen, möglichst authentischen Aufgabenstellungen
- Förderung der Setzung eigener Ziele der Lernenden, selbst regulierte Exploration und Revision in Lernen und Instruktion
- Motivieren durch anregen der Neugier und Induktion von Erwartungshaltungen
- Hilfe für Lernende, ihre Lernfortschritte zu erkennen und zu reflektieren
- ständige Weiterentwicklung der Lehrmethoden
- Orientierung der Instruktionsmethoden an Lernfunktionen, nicht an verfügbaren Medien
- Lernergruppe unterstützen, ein gemeinsames mentales Modell des jeweiligen Lehrgegenstandes zu entwickeln
- Lernende überzeugen, ihre Ideen explizit mitzuteilen
- Instruktionsdesign in Kooperation mit Lehrenden und Lernenden entwickeln
Folgende
Phasen und Prinzipien werden bei der Methodik insbesondere erfasst:
- Vorausschau und rückblickende Reflexion: Ziele, Kontext und Anforderungen sollen von allen verstanden werden
- Konfrontation mit dem Einstiegsproblem: Das Einstiegsproblem soll so gewählt werden, dass Lernende ein gemeinsames Modell des Lerngegenstandes entwickeln können
- Ideenproduktion: Es erfolgt eine Ideensammlung durch die Lernenden. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass die Lernenden ihr Denken explizit machen, dass sie erkennen, was andere denken, dass sie ermutigt werden, eigene Gedanken in der Gruppe zu artikulieren, dass die Lehrenden den Wissenstand der Lernenden leichter diagnostizieren können und das die Lernenden selbst Grundlagen für das Erkennen ihrer eigenen Lernfortschritte entwickeln
- multiple Perspektiven: Es muss deutlich gemacht werden, dass es in dem jeweiligen Fachgebiet unterschiedliche Sichtweisen gibt
- Recherchieren, Explorieren, Verbessern: Wichtig ist die Nutzung unterschiedlicher Informationsquellen, die Zusammenarbeit mit anderen Lernenden und die Verwendung der Arbeitsergebnisse anderer
- Selbsttests: Sobald Lernende sich dem gewachsen fühlen, sollen sie ihren Leistungsstand testen können. Dazu sollten vielfältige Testformen angeboten werden. Rückmeldungen müssen Vorschläge zum lückenschließenden Lernen beinhalten
- öffentliche Darstellung: Arbeitsergebnisse sollen präsentiert werden. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten – Präsentieren der besten Lösung oder das Erstellen einer Dokumentation mit Tipps und Ideen für Lernende, die das Projekt noch bearbeiten sollen
- fortschreitende Vertiefung: Es gibt insgesamt drei Lernzyklen, mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Innerhalb einer Aufgabe wird methodisch jeweils der gleiche Lernzyklus durchlaufen ( siehe 2 bis 7)
- allgemeine Reflexion und Entscheidungen über Dokumentationen: Nach Durchlaufen der drei Lernzyklen erolgt ein Rückblick auf den Lernprozess mit Reflexion der Ideen und Situationen
Die
Umsetzung des Modells ist sehr aufwendig, da es gekoppelt ist an
multimediale Medien. Dennoch scheint es recht gut geeignet zu sein im
schulischen Bereich oder der beruflichen Erstausbildung, im Rahmen
fächerübergreifenden Projektunterrichts. Die Entwicklung einer auf
dem Modell basierenden Lernumgebung auf Softwarebasis ist bisher noch
relativ neu. Aber generell gibt es eine bisher positive Resonanz für
das Modell. (vgl. dazu auch Scharnhorst in SZBW 23 (3)/2001: S. 471 –
492)
Literaturangaben
unter Instructional Design – Das Instruktionsdesign
Alle
Teile im Überblick
- Anchored Instruction – Multimediales Lernen mit Geschichten
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