Hier
werde ich einige theoretische Grundlagen zum multimedialen Lernen
kurz anreißen. Diese sind die Cognition Load Theory (CLT) von John
Sweller und die Cognitive Theory of Multimedia Learning (CTML) von
Richard E. Mayer.
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Beide
Theorien beziehen sich auf die Annahmen eines Arbeitsgedächtnisses,
zur vorübergehenden Speicherung.(vgl. Baddeley in Baddeley et al.
2009: S. 41 - 68) Dabei wird das Arbeitsgedächtnis genutzt, um von
umgebenden Faktoren eine mentale Repräsentation zu erzeugen und
somit unterstützend bei Problemlösungen und Wissenserwerb zu
wirken. Beispielsweise ist es dafür zuständig, dass man sich beim
Lesen eines Satzes noch an den Anfang erinnern kann, wenn man am Ende
angelangt ist, damit man ihn inhaltlich zuordnen und verstehen kann.
Dabei wird davon ausgegangen, dass die Kapazität des
Arbeitsgedächtnisses begrenzt ist und nur eine relativ geringe Menge
an Information aufrecht erhalten kann.
Bei
der Cognition
Load Theory
ist die Annahme, dass Menschen Wissen in Schemata abspeichern und
beim Lernen neue Schemata konstruiert werden, sowie auch neues Wissen
mit bereits vorhandenen Schemata verknüpft wird. Dabei ist zu
beachten, dass das Arbeitsgedächtnis nicht überlastet wird, um
effektives Lernen zu ermöglichen. Dabei werden drei Arten der
kognitiven Belastung in der CLT beschrieben, welche sich zur
Gesamtbelastung (Cognitive Load) addieren (vgl. Sweller et al. 1998):
- Intrinsic Cognitive Load – die intrinsische kognitive Belastung Die intrinsische kognitive Belastung wird bedingt von der Schwierigkeit und Komplexität des Lernmaterials. Dabei wird der Elementinteraktivität eine wichtige Rolle zugeschrieben, die eine Auswirkung auf die Gesamtbelastung hat. So gibt es Elemente die einzeln und unabhängig voneinander gelernt werden können, ohne das Verständnis dadurch zu beeinträchtigen, wie bspw. Vokabeln einer Fremdsprache.
Dagegen gibt es Elemente mit hoher Elementinteraktivität, da bei diesen das Verständnis davon abhängt, dass die Beziehungen der Elemente untereinander mitverarbeitet werden müssen, wie bspw. bei der Syntax einer Fremdsprache. Somit ist bei reinem Auswendiglernen die Gesamtbelastung also eher gering, wobei der Aufbau von Verständnis die Belastung erhöht. Ein entscheidender Einfluss kommt dabei dem Vorwissen des Lernenden zu, welches die intrinsische kognitive Belastung wiederum senken kann. - Extraneous Cognitive Load – die extrinsische kognitive Belastung Die extrinsische kognitive Belastung wird bedingt von der Gestaltung und Darstellung des Lernmaterials. Dabei wird davon ausgegangen, dass überflüssige und irrelevate Informationen bzw. Gestaltungselemente, zahlreiche Verweise etc. die extrinsische kognitive Belastung erhöhen. Dagegen kann die optimierte Gestaltung, mit Fokus auf den Lerninhalt, die extrinsische kognitive Belastung verringern.
- Germane Cognitive Load – die lernbezogene kognitive Belastung Die lernbezogene kognitive Belastung bezeichnet den Anteil an der Gesamtbelastung, der zum Verständnis des Lerninhaltes notwendig ist. Diese sollte also gefördert werden, unterstützt dadurch, dass extrinsische und intrinsische kognitive Belastung gering gehalten werden.
Es
gilt also die Beschränkungen des Arbeitsgedächtnisses beim Design
der Instruktion zu beachten, um die Schemakonstruktion und
-automatisierung zu fördern.
Auch
bei der Cognitive Theory of Multimedia Learning
(CTML),
der Kognitiven Theorie des multimedialen Lernens, wird von der
begrenzten Kapazaität des Arbeitsgedächtnisses ausgegangen. Nach
der CTML findet die Informationsverarbeitung mittels zweier
verschiedener Kanäle statt, einer für bildhaft/visuell
präsentiertes Informationsmaterial und einer für verbale/auditive
Materialien. Damit wird die duale Kodierungstheorie nach Paivio (vgl.
Paivio 1986) aufgegriffen. Dabei wird als Ziel der Instruktion in der
CTML angegeben, bei der Gestaltung von Lernmaterialien möglichst
beide Kanäle zur Verarbeitung zu aktivieren, da die in einem Kanal
generierte Repräsentation, in den jeweils anderen Kanal konvertiert
werden kann. (vgl. Mayer 2005) Des weiteren geht man bei der CTML von
einer aktiven Informationsverarbeitung durch den Lernenden aus, also
der aktiven Beschäftigung mit dem Informationsmaterial, um zur
Konstruktion einer kohärenten, also zusammenhängenden, in sich
schlüssigen, mentalen Repräsentation zu gelangen.(vgl. Mayer 2005)
Nach
der CTML sind fünf kognitive Prozesse zentral am Lernen beteiligt:
- Auswahl von relevanten Wörtern Der Lernende steuert aktiv seine Aufmerksamkeit auf relevante Wörter innerhalb des Lernmaterials, um eine kohärente mentale Repräsentation des Sachverhaltes zu konstruieren. Die Initiierung dieses Prozesses kann sowohl durch die Präsentation eines gesprochenen Wortes als auch eines gedruckten Textes erfolgen, sofern beim Lernenden der gedruckte Text in eine auditive Repräsentation überführt wird. Dabei ist die Fokussierung auf bestimmte Teile des Lernmaterials notwendig, durch die begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses.
- Auswahl von relevanten Bildinhalten Auch bei der Bildauswahl (selecting images) wird, aufgrund der begrenzten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, von einer Fokussierung ausgegangen, die sich auf relevante Bildelemente bezieht und vom Lernenden aktiv vollzogen wird.
- Strukturierung der Textinhalte sowie Bildung eines kohärenten verbalen Modells Die Strukturierung der Textinhalte bezieht sich auf den Aufbau von Verbindungen zwischen den ausgewählten Wörtern, um ein kohärentes verbales Modell, bspw. Einen Ursache-Wirkungs-Zusammenhang, im Arbeitsgedächtnis ausbilden zu können (Mayer 2003). Dieser Prozess vollzieht sich im auditiven Kanal. Der Lernende muss sich dabei, aufgrund der beschränkten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, auf die Erstellung eines relativ einfachen verbalen Modells beschränken.
- Strukturierung der relevanten Bildinhalte zu einem kohärenten bildhaften Modell Die Organisation der ausgewählten Bildinhalte (organizing images), ist ein Verknüpfungsprozess, um zu einer kohärenten bildhaften Struktur zu gelangen. (vgl. Mayer & Moreno 2003) Dieser Prozess findet im visuellen Kanal statt und wird auch hier, durch die begrenzte Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, aktiv zugunsten eines einfachen Modells, durch den Lernenden, gestaltet.
- Verknüpfung der Text- und Bildpräsentation sowie Verknüpfung des neuerworbenen Wissens mit Vorwissen aus dem Lagzeitgedächtnis Der wahrscheinlich entscheidendste Schritt beim multimedialen Lernen (vgl. Mayer 2005) ist der Aufbau von Verbindungen zwischen den verbalen und bildlichen Modellen sowie dem Vorwissen des Lernenden aus dem Langzeitgedächtnis. Dieser Prozess macht eine Koordination zwischen beiden Kanälen erforderlich, da er sowohl im visuellen als auch im auditiven Arbeitsgedächtnis stattfinden kann. Zur Koordination dieses Integrationsprozesses, kann sich der Lernende sein Vorwissen zunutze machen, um nicht kognitiv überlastet zu werden. Das Vorwissen stellt hier das dar, was in der CLT als Schema bezeichnet wird.
In
der CTML werden fünf Repräsentationsformen unterschieden, die
Wörter und Bilder annehmen können:
- Wörter und Bilder (words and pictures): Entsprechen dem Lernmaterial, welches dem Lernenden präsentiert wird
- Akustische und bildhafte Repräsentation (acoustic and iconic representations): Sind die Repräsentationen der aufgenommenen Informationen aus dem sensorischen Speicher im Arbeitsgedächtnis des Lernenden, welche sehr schnell verblassen, wenn die Aufmerksamkeit nicht darauf gerichtet ist.
- Töne und Bilder (sound and images): Sind die Grundbestandteile (basale Einheiten) der Wissenskonstruktion und stellen visuelle (einschließlich räumliche) und auditive Repräsentationen der Wörter und Bildelemente dar, die vom Lernenden aktiv ausgewählt wurden.
- Verbale und piktorale Modelle (verbal and pictorial models): Entstehen durch die aktive Organisation der relevanten Wörter und Bildelemente zu mentalen Modellen, in Form einer kohärenten Repräsentation bzw. auch tieferen Arbeitsgedächtnisrepräsentation (Mayer & Moreno 2003).
- Vorwissen (prior knowledge): Das Vorwissen aus dem Langzeitgedächtnis, also das Schema, unterstützt den Lernenden beim Integrationsprozess zwischen verbalen und piktoralen Modell im Arbeitsgedächtnis. Dabei wird das neu entstandene Wissen dem Vorwissen hinzugefügt und steht somit für weitere Lernprozesse zur Verfügung.
Ausgehend
von einer Vielzahl von Untersuchungen und jahrelanger Forschung
wurden Prinzipien zum Design multimedialer Lehrmaterialien
formuliert. (Mayer 2008) Diese zehn Prinzipien werden in drei
Kategorien zusammengefasst:
- Reduktion von extrinsischen Prozessen (Reducing Extraneous Processing)
1. Kohärenzprinzip (coherence principal) Bildliche oder wörtliche Informationen, die eventuell interessant, aber für den Lernprozess irrelevant sind, erhöhen die kognitive Belastung und reduzieren somit den Lernerfolg.
2. Signalisierungsprinzip (signaling principle) Durch Hervorheben von wichtigen Elementen kann die Aufmerksamkeit des Lernenden gezielt gelenkt werden.
3. Redundanzprinzip (redundancy principle) Die audiovisuelle Darstellung von Wörtern und Bildern fördert den Wissenserwerb, wobei aber darauf verzichtet werden soll, Audiokommentare und Texte selben Inhaltes zusammen zu präsentieren.
4. Raumnäheprinzip bzw Kontguitätsrprinzip I (spatial contiguity principle): Das Platzieren von textlichen Erläuterungen und dazugehörigen grafischen Darstellungen sollte direkt nebeneinander erfolgen, damit die kognitive Belastung nicht durch ständige Blickwechsel erhöht wird.
5. Zeitnäheprinzip bzw. Kotiguitätsprinzip II (temporal contiguity principal): Eine Simultane Präsentation von Aidiokommentaren mit dazugehörigen grafischen Informationen (Bildern, Animationen) führt dazu dass sich diese gleichzeitig im Arbeitsgedächtnis befinden und somit werden sie direkt mental verknüpft, was für den Lernprozess förderlich ist.
- Organisation essentieller Prozesse (Managing Essential Processing)
6. Segmentierungsprinzip (segmenting principle) Bei der Darstellung komplexer Sachverhalte sollte man diese sinnvoll aufgeteilt nacheinander präsentieren.
7. Vortrainingsprinzip (pretraining principle) Man sollte den Lernenden mit Schlüsselkoponenten vor der eigentlichen Präsentation vertraut machen, damit er sich innerhalb der Präsentation auf das Bilden von Zusammenhängen konzentrieren kann.
8. Modalitätsprinzip (modality principal) Das präsentieren von Audiokommentaren zur Erläuterung von Grafiken nist besser, als die textliche Erläuterung, da somit der visuelle Kanal entlastet wird.
- Fördern generativer Prozesse (Fostering generative Processing)
9. Multimediaprinzip (multimedia principle) Die Präsentation von Wörtern und Bildern ist lernförderlicher als die reine Erläuterung, da die Verknüpfung das nVeranschaulichen von Beziehungen und somit das Konstruieren von Zusammenhängen erleichtert.
10. Personalisierungsprinzip (personalization principle) Die persönliche Ansprache des Lernenden ist besser, da sie dadurch eher dem Lerninhalt folgen.
Beiden
Theorien ist also eine Reduktion des Lernmaterials immanent,
sozusagen ein „Less is more“-Ansatz. Ein relativ direktives
Vorgehen, bei der Vermittlung von Wissen, wird eindeutig präferiert.
Somit stehen diese zwei Theorien anderen Ansätzen, wie explorativen
Methoden, entgegen. Außerdem steht in der Kritik, dass
motivationale und emotionale Prozesse des Lernens zu wenig
Berücksichtigung finden. Es wird auch bezweifelt, dass sich die
Gestaltungsempfehlungen, die sich augenscheinlich eher auf
naturwissenschaftliche Themen beziehen, auf Lernmaterialien zu
sozialwissenschaftlichen Themen anwenden lassen. (vgl. de Westelinck
et al. 2005) Die Kritikpunkte werden teilweise relativiert von
verwandten Modellen, wie der kognitiv- affektiven Theorie des Lernens
mit Medien (CATLM), von Moreno und Mayer, sowie dem integrativen
Modell des Text- und Bildverständnisses, von Schnotz.
Literaturangaben
unter Instructional Design – Das Instruktionsdesign
Alle
Teile im Überblick
- CLT und CTML – Theoretische Grundsatzüberlegungen
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