Montag, 23. Februar 2015

Douglas Albert Munro - Der Lebensretter von Guadalcanal

Dramatische Szenen spielten sich ab, am 27. September 1942, als drei Kompanien der Marines, unter schwerem feindlichen Feuer, vom Strand von Guadalcanal evakuiert wurden. Eines der Landungsboote lief auf eine Sandbank und musste heruntergezogen werden. Immer wieder schweres japanisches Feuer vom Strand. Die Leitung über die Landungsboote übernahm freiwillig der junge Signal Man First Class Douglas A. Munro. Er sicherte die Evakuierung, indem er sein Boot zwischen den Feind und die Landungsboote brachte und Feuerschutz gab. 500 Marines konnten erfolgreich evakuiert werden, inklusive 25 Verwundeter. Nur der junge Mann, dem alle ihre Rettung verdankten, Douglas A. Munro, hat die Aktion nicht überlebt. Seine letzten Worte waren: „Haben wir sie alle herausbekommen?“

 Bild: Lakota Press


Im Zuge des Feldzuges um Guadalcanal wurden am 25. September 1942 drei Kompanien der 7th Marines von einer Übermacht japanischer Streintkräfte eingeschlossen, am Fluß Matanikau. Der Kommandeur der Marines, Lt.. Col. „Chesty“ Puller, forderte daraufhin Feuerunterstützung vom Zerstörer USS Monnsen an. Eine Gruppe von Landungsbooten evakuierte die Marines vom Strand, unter schwerem japanischen Feuer. Die Leitung über die Landungsboote hatte der 22 jährige Signal Man First Class Munro, welcher Feuerschutz für die Evakuierungsmaßnahme gab und dabei tödlich verletzt wurde. Nur durch seinen Mut konnten 500 Marines, unter ihnen 25 Verletzte, gerettet werden. Er ist der bisher einzige Angehörige der U.S. Coast Guard, der die höchste us-amerikanische Auszeichnung, die „Medal of Honor“, erhielt. Wer war dieser junge Mann?

Douglas Albert Munro aus Cle Elum

Am 1. Oktober 1919 wurde Douglas Albert Munro geboren, in Vancouver, British Columbia, in Kanada. Obwohl in Kanada geboren, galt er dennoch als US-Bürger, weil beide seiner Eltern welche waren. Der Vater nahm eine Stelle bei der Warren Construction Company an, witzigerweise in Vancouver, Washington. Doug, wie ihn seine Freunde nannten, besuchte die Cle Elum High School.

Während seiner Schulzeit interessierte sich Doug sehr für Musik. Er spielte in einer Band und im Schulorchester. Sein Vater, James Munro, war Captain der Coast Guard Reserve und aktiv in der American Legion, einer us-amerikanischen Veteranenorganisation. Die American Legion hatte ein Trommler und Trompeter Corps, die „Sons of the American Legion“, welches aus Jungs im Alter zwischen 5 und 15 bestand. So begab es sich das der junge Doug die Führung dieses Spielmannszuges übernahm. Er war sehr beliebt bei den Jungs und galt, neben seinen musikalischen Fähigkeiten, als freundlich und hilfsbereit.

Doug machte seinen Schulabschluß im Juni 1937. Er schrieb sich ein am Central Washington College of Education in Ellensburg, weil dieses nur 30 Meilen von seinem Heimatort entfernt war und er so die Gelegenheit hatte seine Jungs vom Spielmannszug weiter führen zu können. Diese Aufgabe schien dem jungen Doug am Herzen zu liegen, wo doch die meisten us-amerikanischen Jungs alle möglichen Kriterien an die Auswahl des geeigneten Colleges anlegen, aber mit Sicherheit nicht die Nähe zum Elternhaus.

Bild: USCG.mil


In der U.S. Coast Guard

Für seine 20 Jahre war Doug im Jahre 1939 ein recht schmächtiger Bursche, mit einer Größe von etwa 1,77 m und gerade einmal 62 kg Gewicht. Er wollte gern zur Coast Guard, weil man dort „Leben retten“ könne, wie seine Schwester später sagte. Also futterte sich Doug noch ein paar Pfunde an, um das nötige Gewicht für die Coast Guard zu bekommen. Er schaffte alle Tests und begann seinen Dienst in Port Angeles. Nach der Grundausbildung meldete sich Doug auf den U.S. Coast Guard Cutter (USCGC) Spencer, wo er bis 1941 seinen Dienst tat. Nach den offiziellen Aufzeichnungen der U.S. Coast Guard führte sich Doug Munro ausgezeichnet und wurde recht schnell befördert bis zum Signal Man First Class.
Auf Anordnung von President Roosevelt wurden im Juni 1941 Angehörige der U.S. Navy und der U.S. Coast Guard zusammengelegt, um Transportschiffe der Navy zu bemannen. So begab es sich, daß Doug seinen Dienst Begann auf der USS Hunter Ligget, einem Truppentransporter der Harris-class, mit 52 Offizieren und 673 Mann Besatzung, sowie 35 sogenannten Higgins boats (LCPs) und 2 gepanzerten Landungsbooten (LCTs). 

Bild: USCG.mil
 

Im Pazifik

Die US-Streitkräfte starteten ihre ersten Angriffsoperationen im Pazifik im Mai des Jahres 1942, mit ersten Erfolgen bei den Schlachten im Korallenmeer und Midway. Die Japaner stießen vor zu den Solomoninseln, welche 2 parallele Inselgruppen südwestlich etwa 600 Meilen von Neu Guinea entfernt formen. Die Inseln Tulagi und Guadalcanal, jeweils am Ende der Inselkette, sollten den Ausgangspunkt des us-amerikanischen Angriffs auf die Japaner dort werden. Die Insel Guadalcanal war strategisch wichtig, weil die japanischen Streitkräfte dort einen Luftstützpunkt errichten wollten, der ihnen die Kontrolle der Süd-Solomonen ermöglicht hätte. Die japanischen Langstreckenbomber wären von hier aus in der Lage gewesen, den Seeweg zwischen den USA und Australien, also die Nachschubwege, anzugreifen. Dies führte zur Operation mit dem Codenamen Watchtower. Von den Truppentransportschiffen der Navy, die an dieser Operation teilnahmen, hatten 18 Personal der Coast Guard an Bord. Diese Leute hatten die wichtige Aufgabe, die amphibischen Landungsboote zu führen. Viele der Angehörigen der Coast Guard waren ausgebildet in Lebensrettungseinsätzen, wodurch sie mit zu den am besten qualifizierten Führern kleiner Boote zählten. Einer dieser Leute war Doug.

Bild: USCG.mil
Während der Vorbereitungen der Invasion von Guadalcanal, wechselte Doug Munro öfter von Schiff zu Schiff, wo immer seine Dienste benötigt wurden. Gegen Ende Juli 1942 trafen sich die Schiffe der Angriffsgruppe auf Hoher See und am 7. August setzte man Kurs auf Guadalcanal, unter Führung der USS Hunter Ligget. Das Schiff wurde zur Kommandozentrale, während die Marines begannen, die Küstenabschnitte zu sichern. Zur Zeit der Invasion diente Doug Munro unter Rear Admiral Richmond K. Turner an Borad der USS McCawley. Er war dabei, als bei der Landung auf Tulagi, tagelang andauernde schwere Kämpfe stattfanden. Am 20. September meldete sich Doug freiwillig zu einer Rettungsaktion, als ein Navy Flugzeug auf Savo notlanden mußte. Er und ein paar andere Männer machten sich mit einem Rettungsboot auf die Suche nach dem Piloten und seinem Kanonier. Die beiden Vermissten wurden von einem Patrouillenflieger aufgenommen, wovon die Retter allerdings nichts mitbekommen hatten, weil Funkstille befohlen war. Die Rettungscrew um Doug Munro war bei dieser Aktion allerdings heftigem feindlichen Feuer ausgesetzt. Als sie ihr Boot etwa 300 Yards vor dem Festland manövrierten, setzte schweres MG-Feuer ein. Mit einem Zick-Zack-Kurs brachte Doug seine Crew wieder zurück, mit nur minimalen Schäden. 

Bild: USCG.mil

 
Die Rettung

Nach einigen Wochen wurden die Marines auf Guadalcanal zurückgeschlagen und mußten sich auf ihre Verteidigungslinie zurückziehen. Man plante einen Vorstoß Richtung Westen, entlang des Flusses Matanikau, um kleinere japanische Einheiten davon abzuhalten sich zu einem Angriff auf die us-amerikanischen Einheiten zusammenzuschließen. Für einige Tage versuchten sie, unter heftigem Widerstand, den Fluß zu überqueren. Am Sonntag, dem 27. September, sollten 3 Kompanien des ersten Bataillons der 7th Marines, unter Lt. Col. „Chesty“ Puller, westlich des Matanikau anlanden, um eine Basis zu errichten. Doug Munro übernahm die Leitung über die Landungsboote und 2 gepanzerte Landungsboote, welche die Marines von Lunga Point zu einer schmalen Bucht westlich von Point Cruz bringen sollte.

Bild: USCG.mil
 

Mit Unterstützung durch den Zerstörer USS Monssen, welcher ein Sperrfeuer mit seinen 5-Inch Kanonen eröffnete, stürmten die Marines landeinwärts. An einer Hügelkette, mehrere hundert Yards von der Küste entfernt, reorganisierten sich die Marines. Als sie auf eine feindliche Übermacht trafen, mussten sich die Marines zurückziehen. In der Zwischenzeit bezog Doug mit seinen Booten seinen Postenpunkt bei Lunga Point, wo relativ bald die Nachricht eintraf, daß die Marines in Schwierigkeiten stecken. Die Marines hatten kein funktionstüchtiges Funkgerät mehr. So waren sie gezwungen zu improvisieren, also formten sie mit ihren Unterhemden das Wort „HELP“ an einer Hügelkette, was Second Lieutenant Dale Leslie bei einem Überflug erkannte. Als Lt. Col. Puller den entsprechenden Funkspruch hörte, reagierte er blitzschnell, da er erkannte, daß seine Männer isoliert waren und unter Feuer standen. Er forderte Unterstützung von der USS Monssen an. Doug Munro meldete sich freiwillig die Männer dort wieder herauszuholen.

Die Higgins-Landungsboote waren etwa 1000 m lange Boote, mit einer Sperrholzhülle und stumpfer Nase. Sie boten wenig Schutz, waren langsam, leicht zu treffen und schwer zu manövrieren, mit leichter Bewaffnung von gerade 2 Kaliber .30 Maschinengewehren. Als Doug die Boote zur Küste brachte, eröffneten die Japaner das Feuer von der Hügelkette aus, von der sich die Marines gerade zurückgezogen hatten und aus Positionen östlich des Strandes. Das intensive feindliche Feuer von starken ineinandergreifenden Positionen unterbrachen die Anlandung und verwundeten einige der nahezu wehrlosen Männer der Rettungscrew. Trotz dieser Schwierigkeiten, gelang es Doug die Boote zur Küste zu bekommen, in Gruppen von 2 bis 3 Booten nacheinander. Er und ein Mitglied seiner Crew sicherten die Aktion, indem er, von einer offenen Position in der Nähe, Feuerschutz gab. Als die Marines in die Landungsboote stiegen, stürmten die Japaner den Strand, was die Situation jede Sekunde gefährlicher machte. Doug Munro manövrierte gekonnt sein gepanzertes Boot so, daß er wie ein Schutzschild zwischen den angreifenden Japanern und den entkommenden Marines agierte. Die gesamte Landungsstreitmacht konnte mit 25 Verwundeten evakuiert werden.

Bild: USCG.mil
 
Tod und Nachwirkung

Als Doug Munro sein Boot von der Küste wegsteuerte, passierte er Point Cruz und sah eines der Landungsboote, vollbesetzt mit Marines, das auf Grund gelaufen war. Er brachte sein Boot in Stellung und wies ein anderes Landungsboot an, das auf Grund gelaufene Boot von der Sandbank zu ziehen. Etwa 20 Minuten später steuerten beide Landungsboote auf die offene See zu und Munro gab Feuerschutz. Ein Crewmitglied sah die Gefahr kommen, doch die Motorengeräusche erstickten alle Warnungen und so traf ein Geschoß aus einem japanischen MG Doug am Kopf. Außerhalb des Gefahrenbereiches erlangte Doug nur noch kurz das Bewußtsein und seine einzige Frage war:

Haben wir sie alle herausbekommen?“

Dann starb er, nur 2 Wochen vor seinem 23. Geburtstag.

Der kommandierende Offizier, Lieutenant Commander D.H. Dexter, schrieb in seinem Brief an die Eltern unter anderem:

...Am Sonntag, dem 27, September, wurde eine Expedition ausgesendet, in ein Gebiet, in dem mit Schwierigkeiten gerechnet wurde. Douglas hatte die Führung über die Boote, welche die Männer dort hin brachten. Am späten Nachmittag entwickelte sich die Situation unplanmäßig und um die Teilnehmer der Expedition zu schützen, wurde es nötig die Boote zurückzuschicken, um die Männer zu evakuieren. Es wurde nach Freiwilligen gefragt, für diese gefährliche Mission. Gemäß den höchsten Traditionen der Coast Guard und denen, die Sie Ihrem Sohn mitgegeben haben, war er der erste, der sich freiwillig meldete. Die Rettungsaktion war so erfolgreich, wie es ging unter schwerem feindlichen Feuer. Wie es immer wieder passiert, bei solchen Aktionen, sind die letzten, die den Strand verlassen können, diejenigen, die unter dem größten Druck stehen, da sie den Abzug der anderen zu decken haben. Ihr Sohn wußte das und positionierte sich und sein Boot so, daß auch die letzten Männer gedeckt waren. Durch seine Aktionen und erfolgreichen Manöver konnten mehr Männer gerettet werden, als man erhoffen konnte. Er erhielt seine Verwundung in dem Moment, als die letzten Männer die Boote bestiegen, um dem Gefahrenbereich zu entkommen. Als er kurz sein Bewußtsein wiedererlangte, war seine einzige Frage „Haben wir alle herausbekommen?“ und er starb mit einem Lächeln auf seinem Gesicht, im vollen Bewußtsein, daß er eine gefährliche Mission erfolgreich zu Ende gebracht hatte. In den anderthalb Jahren, in denen ich Douglas kannte, wuchs meine Wertschätzung für ihn und, durch ihn, für Sie. Er war ein Beispiel für die amerikanische Männlichkeit, die gebraucht wird, um diesen Krieg zu gewinnen. Ich möchte Ihnen hier versprechen, daß, wann immer ich das Privileg habe, in der Nähe von Cle Elum zu sein, ich auf Sie zukomme, um Ihnen die Ehre zu erweisen, als Eltern von Douglas. ...

Am 27. Oktober 1942 erhielten die Eltern von Douglas Munro einen offiziellen Brief vom Department of the Navy, daß ihr Sohn für die „Medal of Honor“ - die höchste Auszeichnung der us-amerikanischen Reegierung vorgeschlagen wurde. Diese Auszeichnung wird verliehen vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, im Namen des Kongresses, an Angehörige der Streitkräfte, die sich ausgezeichnet haben durch:

...auffallende Tapferkeit und Furchtlosigkeit bei Lebensgefahr, weit über die Pflichterfüllung hinaus, im Gefecht gegen einen Feind der Vereinigen Staaten...

Am 27. Mai 1943 empfingen die Eltern die Medal of Honor von President Roosevelt, im Rahmen einer Zeremonie im Weißen Haus.

 
Bilder: USCG.mil
 
Die sterblichen Überreste von Douglas Munro wurden zunächst auf Guadalcanal bestattet. Nach dem Krieg wurden sie in die Vereinigten Staaten überführt und mit allen militärischen Ehren auf dem Laurel Hill Memorial Gardens Friedhof in Cle Elum beigesetzt. Das Grab ziert ein Denkmal und ein Flaggenmast. Am Denkmal ist eine gravierte Bronzeplatte angebracht, mit der Geschichte von Douglas Munro.


 
Als im Herbst 1942 die Frauenreserve der Coast Guard gegründet wurde, war die Mutter von Douglas Munro, Edith Munro, eine der ersten Freiwilligen. Sie leistete Dienst, als Offizier in der Coast Guard Reserve, bis sie in den Ruhestand versetzt wurde.

Bild: USCG.mil
 
Am 27. September 1999, 57 Jahre nach Douglas Munros Tod, fand eine Zeremonie an seinem Grab statt, bei der ein neuer Flaggenmast am Munro-Denkmal eingeweiht wurde und ein Veteranendenkmal nahe des Grabes enthüllt wurde, von Gov. Gary Locke. Das Veteranendenkmal besteht aus einer Wand, welche alle Namen auflistet von über 700 Veteranen der Streitkräfte aus der Gegend. Der neue Flaggenmast zeigt eine US-Flagge, die Flagge der Coast Guard und die Flagge für Vermisste und Gefangene der Streitkräfte.

Nach Douglas Munro sind weiterhin ein Navy Zerstörer und ein U.S. Coast Guard Cutter benannt.

Zweifelsohne ist Douglas Munro eingegangen in die Geschichtsschreibung der Vereinigen Staaten von Amerika. Seine Tat wird gelehrt an Schulen und soll jungen Menschen als Beispiel dienen. Sie steht auch als Beispiel für den Opfermut, zu dem junge Menschen bereit sind, um einem höheren Zweck zu dienen, auch unter Gefahr für das höchste Gut - das eigene Leben. Somit sollte dieses Beispiel auch den Entscheidungsträgern dienen, damit sie ihre eigene Verantwortung reflektieren können, um einzuschätzen, ob ihre Entscheidungen dieses Opfer auch wirklich wert sind.






Quellen



Griffith, S. B.: Battle for Guadalcanal, Illinois 1963.


NavSource Naval History.


Quann, C. J.: Douglas A. Munro, United States Coast Guard – A World War II Hero from Cle Elum in Columbia – The Magazine of Northwest History, Fall 2000; Vol. 14 No. 3.


Shaw, H.I.,Jr: First Offensive – The Marine Campaign for Guadalcanal, Washington 1992.


United States Census 1930.


United States Department of the Army: Code of Federal Regulations – Sect. 578.4 Medal of Honor, 2002.


United States Coast Guard, 2009 „SM1c Douglas A. Munro, USCG“ 


Williams, G.: Guardian of Guadalcanal – The World War II Story of Douglas A. Munro, USCG, West Chester, OH 2014.


 Zuerst veröffentlicht am 16. Februar 2015 auf Historienblog

Mittwoch, 11. Februar 2015

Instructional Design Teil 8: Das ADDIE-Modell für den praktischen Einsatz


Bei der Konzipierung eines Bildungsvorhabens ist es wichtig die Gesamtübersicht zu behalten und die Verwirklichung in eine Strategie einzubetten. Eine Richtschnur für die Praxis stellt das ADDIE-Modell dar, welches von der Bestimmung des Ausgangspunktes bis zur Evaluation reicht.

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Nachdem nun einige der gängigen Modelle zum Instruktionsdesign vorgestellt wurden, gilt es festzuhalten, dass die Wahl eines geeigneten Modells für die Instruktion jeweils von den Gegebenheiten abhängig ist und den verfolgten Zielen. Darüber hinaus muss ein Ausbildungsvorhaben in eine Strategie eingebettet sein, wenn es, gemessen an den zugrundeliegenden Zielen, erfolgreich sein soll. Von der Bestimmung des Ausgangspunktes bis zur Evaluation gibt das ADDIE-Modell einen praktischen roten Faden vor für alle Ansätze des Instructional Design. (vgl. Morrison et al. 2010) ADDIE steht dabei für die fünf Phasen zur praktischen Umsetzung des Instruktionsdesign in ein Instruktionssystem:
  • Analysis
  • Design
  • Development
  • Implementation
  • Evaluation
Somit ist das ADDIE-Modell ein Modell zur Entwicklung eines Instruktionssystems (Instructional Systems Design, ISD), wobei die meisten gängigen Modelle dieses Typs Variationen des ADDIE Prozesses sind. (vgl. Piskurich 2006) Entwickelt wurde das ADDIE-Modell an der Florida State University, wo nach einem Programm geforscht wurde, ein Instruktionsmodell umzusetzen für das militärische Training, welches sowohl geeignet war einzelne Personen für spezielle Aufgaben zu schulen, als auch dafür, Curricula zu entwickeln, für umfassende teilstreitkraftübergreifende Schulungsmaßnahmen. (vgl. Branson et al. 1975)
Das Modell beinhaltete verschiedene Schritte, innerhalb der einzelnen fünf Phasen, wobei der Ansatz darauf hinauslief, jeweils eine Phase zuerst komplett zu durchlaufen, bevor man zu der nächsten Phase überging. Über die Jahre wurden die einzelnen Schritte überarbeitet und somit wurde das Modell immer dynamischer und interaktiver.

Die Analyse (Analysis) umfasst dabei die Bereiche Zielgruppe, Arbeitsumfeld, Inhalte, Aufgaben und Lernziele. Dabei kann man sich u.a. ausrichten an den Leitfragen:
  • Wer sind die Lernenden und welche Chrakteristiken weisen sie aus?
    (Anzahl, Alter, Vorwissen, Geschlechterverteilung etc.)
  • Was sind die zu erreichenden neuen Fähigkeiten?
  • Welche Lerneinschränkungen existieren?
    (Motivation, intrinsische oder extrinsische Motivationsgrundlage etc.)
  • Wie sind die Lerngegebenheiten?
  • Welche pädagogischen Intentionen sind gegeben?
  • Welche lerntheoretischen Überlegungen sind sinnvoll?
  • Welche zeitlichen Vorgaben sind zu erfüllen?
Neben den technischen Voraussetzungen oder anderen äußeren Gegebenheiten, wie benötigten Kompetenzen und Ressourcen, ist es bspw. von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Implementierung eines Bildungsvorhabens, ob die Motivation der Lernenden der Wissenserwerb selber ist (intrinsische Motivation) oder durch äußere Zwänge (extrinsische Motivation) vorgegeben wird. Der Erfolg einer Schulung bzw. Instruktion, wie auch immer dieser definiert ist, steht und fällt nun einmal auch damit, wie die Motivationslage unter den Lernenden ist und wie darauf innerhalb von Entwurf und Entwicklung einer Maßnahme eingegangen wird. 
 
Die Entwurfsphase (Design) beinhaltet die Integration der Lernvorgaben, der Beurteilungsmaßstäbe und -instrumente, der Übungen, des Inhalts, die Lerngegenstandsanalyse, die Planung der Ausbildungseinheiten sowie der Medienausweahl, unter systematischer und spzifischer Vorgehensweise. Eine systematische Vorgehensweise bedeutet hier eine logisch planmäßige Methode der Identifikation, Entwicklung und Evaluation einer Reihe von planmäßigen Strategien, mit Aufmerksamkeit auf die Zielvorgaben des Projektes. Die spezifische Vorgehensweise bedeutet dabei, dass jedes Element der Planung, unter Beachtung der einzelnen Details, schrittweise abgearbeitet werden muss.
In der Etwurfsphase:
  • wird die pädagogische, äußere und technische Strategie festgelegt
  • wird diese Strategie dann überprüft, unter Beachtung der Zielsetzung, auf Kognitions-, Affektions- und Verhaltensziele
  • werden Lernumgebung und -materialien festgelegt
Hier entscheidet man sich also, basierend auf den Ergebnissen der Analyse, eventuell für eines der ID-Modelle oder einer Kombination von mehreren.

In der Entwicklungsphase (Development) werden auf Basis der Entwurfsplanung das „Drehbuch“ erstellt, die Materialien entwickelt, die Medien produziert, die Programme entwickelt und getestet etc. Hier muss auch entschieden werden ob Entwicklungsaufgaben selbst durchgeführt werden, oder Medien eingekauft bzw. in Auftrag gegeben werden sollen. 
 
Bei der Implementierung (Implementation) gilt es die Ergebnisse aus der Analyse, die in Entwurf und Entwicklung in ein Instruktionssystem überführt wurden, einzubinden in die Organisation, Technik, Ökonomie und Kultur der umgebenden Infrastruktur, unter Beachtung der Didaktik. Das heißt also, dass es hier ernst wird und das System zur Anwendung gebracht werden soll. Die Implementierung beinhaltet also unter anderem:
  • die Bereitstellung der Lernumgebung und des Materials
  • die Sicherstellung der Funktion aller Komponenten
  • die Unterweisung des benötigten Personals in diese Komponenten etc.

Die Evaluation ist die systematische Einbindung von geeigneten Kontrollinstrumenten in alle Prozesse. Hier werden Daten zur Untersuchung des Nutzens einer Maßnahme oder einzelner Teile derselben in formativer Form, also prozessbegleitend, oder summativer Form, also zur Auswertung, erhoben. Dabei gelten u.a. folgende Leitfragen:
  • Welchen Zweck verfolgt die Evaluation?
  • Welche Informationen sollen erhoben werden?
  • Für wen sind diese Informationen bestimmt?
  • Was muss zur Evaluation sichergestellt werden?
Die Evaluation gilt der Qualitätssicherung aller Phasen des Instruktionsdesigns, des Systems und die Maßnahme betreffend, einerseits auf technisch-funktionale Aspekte bezogen, als auch auf didaktische Fragen. Dazu gehören also Fragen über technische Belange, wie Funktionalität, Stabilität, Ästhetik bzw. Übersichtlichkeit, wie auch Fragen an die Lernenden über Handhabung, Interesse, Motivation, Erwartungen, Verbesserungsvorschläge, Lernzielerreichung etc.


 
Das ADDIE-Modell (Schwarz|Berlin 2015)


Alle Teile im Überblick


Instructional Design Teil 7: 4C/ID – Modell für das Training komplexer Fähigkeiten


Komplexe Fähigkeiten brauchen relativ lange Zeit um ausgebildet zu werden. Ein Modell der Organisation von Lernzprozessen, die das Training dieser komplexen Fähigkeiten organisieren soll, stellt das Vier-Komponenten-Modell (4C/ID) dar.

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Das Vier- Komponenten (4C) Instruktionsdesign (ID)-Modell wurde entwickelt von Jeroen Merriënboer. Es befasst sich vornehmlich mit dem Trainieren komplexer kognitiver Fertigkeiten. Es geht davon aus, dass Expertenwissen relativ lange Zeit benötigt, um aufgebaut zu werden. Dabei sind Beispielhaft Softwareentwickler, Fluglotsen oder Ärzte zu nennen.
Es wird davon ausgegangen, dass dieses Expertenwissen
  • einerseits aus Routine besteht, bei der wiederkehrende Aufgaben zusammengeführt werden und somit automatisiert werden können,
  • andererseits aus Schemata besteht, bei denen es um die Ausführung ganzheitlicher Aufgaben geht, die nicht automatisiert werden können, also das Wissen vertieft werden muss, um zu ganzheitlichen problemorientierten Lösungen (Heuristische Methoden) zu gelangen.


Das Training wird durch folgende Komponenten charakterisiert (vgl.: Niegemann et al. 2008):
  1. Learning Task – Lernaufgaben

    • konkrete realistische relevante Aufgaben
    • Aufgabenbeschreibung (z.B. Lösungsbeispiele, Vervollständigungsaufgaben,    herkömmliche Aufgaben)
    • Anleitung und Beratung

  2. Supportive Information

    • Unterstützende Informationen für einmalige Aufgaben
    • Domänenspezifische Modelle (ergänzt durch Fallstudien)
    • Systemische Vorgehensweisen beim Problemlösen (ergänzt durch Demonstrationsbeispiele)
    • kognitives Feedback

  3. Procedural Information – Prozedurale Informationen

    • Just-in time Informationen
    • Praktische Instruktionen (Demonstrationen)
    • Voraussetzungswissen (Beispiele)
    • Informative (kognitive) Rückmeldung
  4. Part-Task Practise – Üben von Teilaufgaben

    • Zusätzliche wiederholende Übungen von wiederkehrenden Aufgaben
    • Übungsaufgaben
Beim Design gilt ein genereller Unterschied zwischen der Konzeption der Wissensvermittlung und der Konzeption von Übungs- und Anwednungsaufgaben. Das 4C/ID-Modell beinhaltet Anleitungen zur Entwicklung von problemorientierten Lernumgebungen und Curricula, im Sinne von Problemstellungen, Fall- und Projektaufgaben und Arrangements von Situationen, in denen komplexe kognitive Fähigkeiten ganzheitlich vermittelt und geübt werden können. Dabei werden hier zwei Problemformate unterschieden (vgl. Niegemann 2001: S. 62ff.):
  • Produktorientierte Problemformate
    Hier liegt die Betonung auf der Lösung und weniger auf dem speziellen Weg.
  • Prozessorientierte Problemformate
    Hier liegt die Betonung auf dem Lösungsweg, also die Förderung des Transfers, der Fähigkeit der Übertragung auf andere Situationen, bzw. der Fähigkeit heuristische Methoden zu entwickeln.
Das 4C/ID-Modell liefert diesbezüglich Kriterien für die Wahl eines bestimmten Problemformates.
Beim Design geht man nach folgenden Ebenen vor:
  1. Zerlegung der zu vermittelnden Fähigkeiten in Teilfähigkeiten
  2. Analyse des Wissens, das notwendig ist, die Teilfähigkleiten zu erlangen
  3. Auswahl von geeigneten Methoden für Wissenserwerb und Übung der Teilfähigkeiten
  4. Festlegung einer Trainingsstrategie und Entwicklung der Lernumgebung
Auf jeder dieser Ebenen sind wiederum vier Designkomponeten zu berücksichtigen, die sich auf die Ausbildung von Routinen und heuristischen Methoden beziehen:
  1. Komponente K - Kompilierung:
    Analyse von Teilfähigkeiten, die wiederholt angewandt werden müssen und die wenig kognitive Ressourcen beanspruchen – also Automatismen die sich herausbilden und Routine werden
  2. Komponente V – Vorwissen/(Wissens-)Voraussetzungen:Analyse des Wissens, das Voraussetzung für die routinemäßige Ausführung von Tätigkeiten ist
  3. Komponente I – Induktion:Analyse von Teilfähigkeiten, die sich auf nicht routinemäßige Aufgaben beziehen – also heuristische Fähigkeiten verlangen
  4. Komponente E – Elaboration:Analyse des Wissens, das Voraussetzung für die nicht routinisierbaren Fähigkeiten ist
Im Mittelpunkt der Überlegungen beim Design einer Lernumgebung stehen, bei diesem Modell, die Beziehungen der einzelnen Komponenten:

Instructional Design Teil 6: Goal-Based-Scenarios – Lernen durch Analogie


Wenn sich Lernen in Form von Episoden organisieren läßt und Handlungsabläufe gespeichert werden in Form von Analogien, dann bieten sich die Goal-Based-Scenarios als Modell an, um die Gedächtnisorganisation daran auszurichten.

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Der Hintergrund dieses Modells geht zurück auf Arbeiten von Roger Schank im Bereich Kognitionspsychologie und Künstliche Intelligenz. Nach dem Gedächtnismodell von Schank, läßt sich Lernen in Form von Episoden organisieren, in welchem Problemlösungen sich abbilden lassen als Prozesse, die abgespeicherte Fälle als Beispiele nutzen. Die Gedächtnisorganisation funktioniert also demnach in Form von Geschichten, die hier Berichte über typisierte Handlungsabläufe darstellen und dabei auftretene unerwartete Ereignisse. Als besonders nachhaltige Lernprozesse gelten hier solche, die auf enttäuschte Erwartungen folgen, da das Bedürfnis nach Erklärung dann besonders stark ist und somit die Bedingungen für effektives Lernen besonders günstig sind.
Dieses Modell liefert Anleitungen zu wesentlichen Aspekten multimedialen Lernens und umfasst sieben wesentliche Komponenten (vgl. Niegemann 2001: S. 55ff.):
  1. Lernziele: Unterschieden in Faktenwissen und prozeduralem Wissen
  2. Auftrag: Eine attraktive, interessante Aufgabe, zur Konstruktion einer Situation, in der die Lernenden ein Ziel verfolgen und Pläne machen
  3. Cover Story: Die Rahmenhandlung, muss Gelegenheiten bieten, Fertigkeiten zu üben, sowie Anreize zur Informationsbeschaffung - sie liefert den Kontext für den Auftrag und vermittelt die Relevanz für die Aufgabenstellung
  4. Rolle des Lernenden:Innerhalb des Rollenverhaltens sollen notwendige Fertigkeiten und Wissen genutzt werden, die Gegenstand des Lehrinhaltes sind
  5. Szenario: Die Handlungen innerhalb des Szenarios müssen so konzipert sein, dass die notwendigen Handlungen eng an den Auftrag gebunden sind und auf die Ziele (Lernziele) bezogen sind. Im Verlauf geht es um Entscheidungen, die in ihren jeweiligen Konsequenzen dargestellt werden, in deren Folge dem Lernenden sich Fortschritte, im Hinblick auf die Auftragserfüllung, klar erschließen. Bei Rückschlägen muss klar werden, dass es sich um unerwartete bzw. erwartungswidrige Ereignisse handelt. Handlungen durch den Lernenden sollten so konzipiert sein, dass ausreichend Handlungsspielraum gegeben wird, aber auch nicht mehr, als zur Auftragserfüllung erforderlich.
  6. Ressourcen:Gut strukturierte und leicht zugängliche Informationen, die optimalerweise in die Handlung der Geschichte integriert sind
  7. Rückmeldungen: Situationsbezogene just-in-time Informationen, die Rückschlüsse auf den Kontext der Handlung zulassen 



Alle Teile im Überblick


Instructional Design Teil 5: Anchored Instruction – Multimediales Lernen mit Geschichten


Bei komplexen Lernzielen wurde die Rigidität von Modellen des multimedialen Lernens oft bemängelt. Eine Antwort darauf stellt die Anchored Instruction dar, die als wesentliches Merkmal einen narrativen Anker hat und als Brücke zum motivierenden Projektunterricht geschaffen wurde.

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Die Anchored Instruction ist ein pädagogisch-psychologischer Ansatz der am Learning Technonology Center (LTC) in Vanderbilt, von der Forschergruppe um Bransford und der Cognition and Technology Group at Vanderbilt (CTGV), entwickelt wurde.
Es handelt sich dabei um multimediale Lernumgebungen, bei welchen mittels Videogeschichten, die an speziellen „Ankerproblemen“ aufgehängt sind, kontext- und alltagsbezogene „Lernerlebnisse“ stattfinden sollen, damit, unter Einbeziehung von Vorwissen und Alltagsdenken, fallbezogene Prblemlösungen erarbeitet werden und somit problemorientiertes Lernen gefördert wird. Das zentrale Merkmal ist ein narrativer Anker, der Interesse wecken soll und die Aufmerksamkeit auf Wahrnemung und Verständnis der Problemstellung lenken soll. Die dargestellten Probleme sind dabei komplexe Situationen, eingebunden in einen alltäglichen Kontext, die unterschiedliche Fachbereiche betreffen können.
Ausgangspunkt für die Forschung war die Kritik am passiven und dekontexualisierten Unterrricht und der mait verbundenen Produktion von „trägem Wissen (vgl. Bransford et al. in Vosniadou & Ortony 1989: S. 470 – 497), welches schon recht früh beschrieben wurde (vgl. Whitehead 1929). 
 
Der Aufbau der Geschichten folgt dabei folgenden Gestaltungsprinzipien (vgl. Niegemann 2001: S. 46f.):
  • Verwendung audiovisueller Medien
  • narrative Struktur
  • Lösen komplexer, interdisziplinärer Probleme
  • Einbettung aller relevanten Informationen (zur Problemlösung) in die Geschichten
  • sinnvolle Komplexität
  • zur Förderung des Abstrahierens, verschiedene Geschichten zur selben Thematik
  • Verknüpfen verschiedener Wissensgebiete
Das Modell wurde entwickelt und präzisiert zu einem Modell für die Entwicklung flexibel adaptiver Lernumgebungen (Schwartz et al. in Reigeluth 1999: S.183-213). Als Ziel gilt tiefes Verständnis für die jeweiligen Fachdisziplinen, bei gleichzeitiger Problemlösefähigkeit, Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zu fördern. Die Zielerreichung wird angestrebt durch problembasiertes Lernen, gefolgt von offenem projektbasierten Lernen.
Im einzelnen liegen der Konzeption folgende Zielvorstellungen zugrunde (vgl. Niegemann 2001: S. 47f.):
  • Unterstützung von Lernenden und Lehrenden beim Verständnis des Wesentlichen
  • Individuelle Anpassung der Lehrmaßnahmen an das vorhandene Vorwissen der Lerneneden
  • Vermittlung unterschiedlicher Sicht- und Herangehensweisen in Bezug auf die Lehrinhalte
  • Verwendung von Methoden, die einerseits mit lern- und instruktionspsychologischen Prinzipien übereinstimmen, andererseits hinreichend flexibel sind (Zuschnittmöglichkeit auf verschiedene Gegebenheiten)
  • Erhöhung der Fähigkeit bei den Lernenden, scheinbare oder tatsächliche Widersprüche, wie das Nebeneiander unterschiedlicher Theorien, zu ertragen (Ambiguitätstoleranz)
  • Aufhängen neuer Lerneinheiten an subjektiv sinnvollen, möglichst authentischen Aufgabenstellungen
  • Förderung der Setzung eigener Ziele der Lernenden, selbst regulierte Exploration und Revision in Lernen und Instruktion
  • Motivieren durch anregen der Neugier und Induktion von Erwartungshaltungen
  • Hilfe für Lernende, ihre Lernfortschritte zu erkennen und zu reflektieren
  • ständige Weiterentwicklung der Lehrmethoden
  • Orientierung der Instruktionsmethoden an Lernfunktionen, nicht an verfügbaren Medien
  • Lernergruppe unterstützen, ein gemeinsames mentales Modell des jeweiligen Lehrgegenstandes zu entwickeln
  • Lernende überzeugen, ihre Ideen explizit mitzuteilen
  • Instruktionsdesign in Kooperation mit Lehrenden und Lernenden entwickeln
Folgende Phasen und Prinzipien werden bei der Methodik insbesondere erfasst:
  1. Vorausschau und rückblickende Reflexion: Ziele, Kontext und Anforderungen sollen von allen verstanden werden

  2. Konfrontation mit dem Einstiegsproblem: Das Einstiegsproblem soll so gewählt werden, dass Lernende ein gemeinsames Modell des Lerngegenstandes entwickeln können

  3. Ideenproduktion: Es erfolgt eine Ideensammlung durch die Lernenden. Dabei kommt es insbesondere darauf an, dass die Lernenden ihr Denken explizit machen, dass sie erkennen, was andere denken, dass sie ermutigt werden, eigene Gedanken in der Gruppe zu artikulieren, dass die Lehrenden den Wissenstand der Lernenden leichter diagnostizieren können und das die Lernenden selbst Grundlagen für das Erkennen ihrer eigenen Lernfortschritte entwickeln

  4. multiple Perspektiven: Es muss deutlich gemacht werden, dass es in dem jeweiligen Fachgebiet unterschiedliche Sichtweisen gibt

  5. Recherchieren, Explorieren, Verbessern: Wichtig ist die Nutzung unterschiedlicher Informationsquellen, die Zusammenarbeit mit anderen Lernenden und die Verwendung der Arbeitsergebnisse anderer 

  6. Selbsttests: Sobald Lernende sich dem gewachsen fühlen, sollen sie ihren Leistungsstand testen können. Dazu sollten vielfältige Testformen angeboten werden. Rückmeldungen müssen Vorschläge zum lückenschließenden Lernen beinhalten

  7. öffentliche Darstellung: Arbeitsergebnisse sollen präsentiert werden. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten – Präsentieren der besten Lösung oder das Erstellen einer Dokumentation mit Tipps und Ideen für Lernende, die das Projekt noch bearbeiten sollen

  8. fortschreitende Vertiefung: Es gibt insgesamt drei Lernzyklen, mit steigendem Schwierigkeitsgrad. Innerhalb einer Aufgabe wird methodisch jeweils der gleiche Lernzyklus durchlaufen ( siehe 2 bis 7)

  9. allgemeine Reflexion und Entscheidungen über Dokumentationen: Nach Durchlaufen der drei Lernzyklen erolgt ein Rückblick auf den Lernprozess mit Reflexion der Ideen und Situationen
Die Umsetzung des Modells ist sehr aufwendig, da es gekoppelt ist an multimediale Medien. Dennoch scheint es recht gut geeignet zu sein im schulischen Bereich oder der beruflichen Erstausbildung, im Rahmen fächerübergreifenden Projektunterrichts. Die Entwicklung einer auf dem Modell basierenden Lernumgebung auf Softwarebasis ist bisher noch relativ neu. Aber generell gibt es eine bisher positive Resonanz für das Modell. (vgl. dazu auch Scharnhorst in SZBW 23 (3)/2001: S. 471 – 492)



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